Was ist Rechenschwäche?
Rechenschwäche (Dyskalkulie) ist ein Lernversagen im Grundlagenbereich der Mathematik. Menschen mit Rechenschwäche haben keine hinreichende Vorstellung der Zahlen als Symbole für Menge/Anzahl und vom Rechnen als Mengenhandlung entwickelt. Sie gehen irrtümlich von der Vorstellung eines „Zahlenalphabets“ aus und begreifen Addition und Subtraktion entsprechend als Aufforderung zum Vorwärts- bzw. zum Rückwärtszählen. Auch den Aufbau mehrstelliger Zahlen im Zehnersystem haben sie nicht richtig verstanden. Rechenschwache Kinder interpretieren daher den Lernstoff in der Schule von Anfang an falsch. Ihr „Rechnen“ verharrt im Stadium des Abzählens und wird den wachsenden schulischen Anforderungen immer weniger gerecht.
Rechenschwache Jugendliche und Erwachsene blicken deshalb fast immer auf eine jahrelange Leidenszeit mit negativen Auswirkungen auf ihre persönliche, schulische und berufliche Entwicklung zurück.
Warum bleibt Rechenschwäche oft unerkannt?
Mathematisches Unverständnis lässt sich für eine begrenzte Zeit kompensieren, etwa durch hoch entwickelte Zählstrategien und begriffsloses Auswendiglernen. Manches rechenschwache Kind bleibt deshalb während der ersten Grundschuljahre nach Noten unauffällig – es zählt blitzschnell, während andere rechnen. Diese Kompensationsmöglichkeiten werden dem Kind letztlich jedoch zum Verhängnis: Solange Lehrer und Eltern das grundlegende Unverständnis nicht bemerken, kann die Fehlentwicklung fortschreiten – die Rechenschwäche verfestigt sich. Der Umgang mit der Mathematik wird zu einer immer größeren Belastung.
Warum bringt das Üben nichts?
Rechenschwäche ist nicht die Folge einer Unfähigkeit zu logischem Denken. Sie verdankt sich auch nicht der Dummheit oder Unwilligkeit des Kindes („Es könnte ja, wenn es nur wollte!") oder mangelnder Konzentration, sondern einem Fehlen grundlegender mathematischer Einsichten. Ohne diese sind alle Versuche, den Lernstoff durch vermehrtes Erklären und Üben zu bewältigen, zum Scheitern verurteilt. Das Wiederholen von Unverstandenem hilft rechenschwachen Schülern nicht, ihren Lernaufgaben gerecht zu werden. Es verstärkt nur ihren Widerwillen gegenüber der Mathematik und untergräbt ihr Selbstvertrauen. Wenn also die Beschäftigung mit Mathematik zur Qual wird, ist rasche Entlastung vonnöten. Eine dyskalkuliediagnostische Untersuchung (>> Diagnostik) klärt ab, warum ein Schüler solche Schwierigkeiten hat.
Langfristige Folgen einer nicht behandelten Rechenschwäche
Ein Kind, das immer wieder erleben muss, wie es an seinen Mathematikaufgaben scheitert, wird auf die Vergeblichkeit seiner Mühen früher oder später mit Unlust, Vermeidung und Angst reagieren. Viele Kinder entwickeln infolge ihrer Rechenschwäche psychosomatische Störungen, die von Antriebslosigkeit über Kopf- und Bauchschmerzen bis hin zu massiven Angststörungen und Schulverweigerung reichen können. Je später eine Dyskalkulie erkannt wird, umso tiefgreifender sind im Allgemeinen die Auswirkungen auf das seelische Wohlbefinden und auf die Lernchancen der Betroffenen.
Eine Rechenschwäche verschwindet nicht von alleine! Durch die richtigen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen kann die Fehlentwicklung jedoch abgewendet oder – wenn sie bereits besteht – überwunden werden.
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